Das alte Vorurteil „über Geschmack ließe sich nicht streiten“ scheint ebenso falsch wie die Annahme, dass in „guten Beziehungen“ nicht gestritten würde; bzw. nicht gestritten werden sollte.
Dabei könnte doch umgekehrt auch gesagt werden, dass ein ordentlicher Streit, zumindest dann, wenn er „im Guten“ – und das heißt nicht notwendig auch sein Einvernehmen – zu einem Ende gebracht wird, der lebendige Hinweis auf die Tragfähigkeit einer Beziehung sein kann.
Mit dieser und anderer Fraglichkeiten hat sich der Fachbereich ambulante Hilfen zur Erziehung am 30. Juni 2025 im Rahmen seines jährlichen Bereichs-Fachtages in den Beratungsräumen in Frankfurt Höchst auseinandergesetzt. Denn dass die „gute Beziehung“ Grundlage und Voraussetzung jedweder sozialarbeiterischen Intervention ist, scheint heute mehr denn je zu einem als irgendwie selbsterklärend phantasierten Allgemeinplatz verkommen zu sein, ohne dass wirklich bestimmt wäre, was denn nun Indikatoren und Bausteine für eine solche wären.
Zwar scheint der Gegenstand auf den ersten Blick einigermaßen klar, – „Beziehung im Kontext Sozialer Arbeit“ –, so erweist er sich bei näherer Betrachtung als komplex, und letztendlich auch kaum als widerspruchsfrei aufzulösen. Dies liegt unter anderem daran, dass die von uns betrachtete „Arbeits-Beziehung“ sich mindestens im Span-nungsfeld zwischen dem Pol einer formal-rechtlich bestimmten (Vertrags-)Beziehung und dem einer diffusen Sozialbeziehung, herstellt.
Die Auseinandersetzung mit dem Gegenstand erfolgte in zwei, aufeinander aufbauenden Schritten. Zunächst wurde in fünf Arbeitsgruppen das (fiktive) Protokoll eines Klient*innen-Kontaktes im Hinblick auf die in ihm enthaltenen, unterschiedlichen Aspekte von Beziehung untersucht und diskutiert. Im Anschluss wurden dann die erarbeiteten Perspektiven zusammengetragen.
Der zweite Teil startete mit einem Vortrag von Prof. Michael Behnisch von der UAS Frankfurt, der die Ergebnisse der vorangegangenen Gruppenarbeit unmittelbar aufnahm um mittels derer seine Thesen zur Herstellung und Beurteilung einer „guten Arbeitsbeziehung“ zu illustrieren. Die sich im Zusammenspiel von Gruppenergebnissen und Vortrag entfaltenden Fragen wurden im Anschluss in einer Fishbowl-Runde diskutiert.
Trotz des sehr heißen Tages, war es ein sehr freudvoller und erkenntnisreicher Tag für die Mitarbeitenden und es wurde klar, wie wichtig, komplex und herausfordernd das Thema „professionelle Nähe“ in pädagogischen Kontexten ist. Lieben Dank an Prof. Michael Behnisch für den wunderbaren Vortrag und die vielen Erkenntnisse.



